Der Segen des Fastens

Wenn man zehn Christen fragen würde, was sie mit dem Wort Fasten verbinden, kämen sehr wahrscheinlich sehr unterschiedliche Gedanken oder Gefühle zum Vorschein. Für die einen wäre es bestimmt eine bekannte Praxis, die sie mit viel Segen verbinden. Für andere mag es einfach unbekannt sein. Und die dritte Gruppe verbindet Fasten eher mit quälendem Krampf, äußerlicher Anstrengung, Religiosität, etwas, was eher zum alten Bund unter dem Gesetz, aber nicht zur Gnadenzeit gehört. Und was sagt die Bibel dazu?

Fasten – auch heute noch?

Die für mich ausschlaggebendste Begebenheit und Schriftstelle ist die Fastenzeit von Jesus selbst: „… und als er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn schließlich“ (Mt 4,2). Jesus, der Sohn Gottes, fastete! Und er erreichte nichts weniger, als dadurch den Teufel persönlich zu bezwingen. Wenn Jesus, unser Vorbild, fastet, dann müsste das auch uns betreffen. Und genau so ist es. Jesus sagte nämlich später prophetisch über seine Gemeinde, zu der wir ja gehören: „Können etwa die Hochzeitsgäste trauern, solange der Bräutigam bei ihnen ist? Es werden aber Tage kommen, da der Bräutigam von ihnen weggenommen sein wird, und dann werden sie fasten“ (Mt 9,15). Und siehe da, sein Wort erfüllt sich wenig später bereits bei den ersten Christen: „Während sie aber dem Herrn dienten und fasteten, sprach der Heilige Geist: Sondert mir nun Barnabas und Saulus zu dem Werk aus, zu dem ich sie berufen habe! Da fasteten und beteten sie; und als sie ihnen die Hände aufgelegt hatten, entließen sie sie“ (Apg 13,2–3; s. auch Apg 14,23; 27,9; 2.Kor 11,27). Das Fasten ist also eine Praxis, die sich durch die ganze heilige Schrift hindurchzieht und von Jesus selbst und seinen Nachfolgern praktiziert wurde. Heute noch zu fasten, ist also ohne Zweifel biblisch.

Kann es sein, dass der ein oder andere Gläubige vielleicht deshalb dem Fasten gegenüber kritisch eingestellt ist, weil er es mit einer äußerlichen, werksgerechten Anstrengung verbindet? Wir denken da an diese heuchlerischen Pharisäer. Jesus befahl: „Wenn ihr aber fastet, so seht nicht düster aus wie die Heuchler! Denn sie verstellen ihre Gesichter, damit sie den Menschen als Fastende erscheinen. Wahrlich, ich sage euch, sie haben ihren Lohn dahin“ (Mt 6,16). Nein, das war kein wahres Fasten. Das war Show, das war Werksgerechtigkeit, da ging es um das Ego. Da waren keine Demut und keine Buße. Die Einstellung stimmte nicht. Auf solch ein Fasten hört Gott nicht (Jes 58,3). Nun wollen wir aber nicht dem Teufel auf den Leim gehen und „das Kind mit dem Bade ausschütten“ und gar nicht mehr Fasten.

Fasten – ein Segen?

Biblisches Fasten war schon immer, ist heute und bleibt auch in Zukunft ein gewaltiger Segen und eine notwendige christliche Praxis! Wir geben nicht dem körperlichen Hunger oder den menschlichen Wünschen nach Internet, WhatsApp, Instagram, Fußball, Nachrichten usw. Raum, sondern dem Heiligen Geist. Und das bewirkt intensive Anbetung Gottes und verherrlicht Gott. Fasten ist zum Segen für Gottes Königreich, für andere Menschen und für mich selbst. Es ist ein mächtiges Werkzeug, das dem Reich des Feindes großen Schaden zufügt. Es macht mich für Gott, sein Wirken und sein Reden sensibler. Es ist notwendig, um gewisse geistliche Durchbrüche und Freiheiten zu erleben. Und in vielerlei Hinsicht ist Fasten durch Nichts zu ersetzen, weil in bestimmten Momenten ohne das Fasten Gott nicht eingreifen wird (Joe 2,12–13; Esr 8,21–23; Jes 58,6–10), egal, was ich tue. Fasten ist manchmal keine Option, sondern das einzige Mittel. Aber ein sehr wirksames! Deshalb: Lasst uns wieder fasten!

Fasten – aber wie?

Wie soll ich denn fasten? – Wie in allem kommt es Gott zuerst auf das Herz an. Dort beginnt der Geist zu wirken. Wenn du verspürst, dass du geistgewirkt fasten willst oder sollst, dann überlege, welcher Tag bzw. welche Tage dafür angebracht sind, wofür du fasten und von was konkret du dich enthalten willst. Es ist eine Entscheidung zwischen Gott und dir. Du kennst das Motiv, und du weißt, was dir hilft, dich auf Gott zu konzentrieren (worum es beim Fasten ja geht).
Was wäre ein Motiv für das Fasten? – Es kann sein, dass du dich vor Gott demütigen, Buße tun und von gewissen Dingen ernsthaft umkehren möchtest (Jon 3,5: Das Volk von Ninive kehrt von seinen bösen Wegen zu Gott um.), vor einer wichtigen Entscheidung stehst und Gottes Gedanken herausfinden möchtest (Apg 13,2–3: Gottes Auswahl von Barnabas und Saulus), durch den Geist tief bewegt bist über einen gewissen schlimmen Zustand (Neh 1,4: Nehemia trauert über den grausamen Zustand der Juden und Jerusalems), einen wichtigen Glaubensschritt gehen musst (Est 4,16: Ester will zum Schutz der Juden vor den König treten, wohlwissend, dass das ihr Leben kosten kann), einen schweren geistlichen Kampf zu kämpfen hast (Mt 4,2: Jesus wird vom Teufel versucht) oder in deiner Beziehung zu Gott und deiner Erkenntnis über ihn selbst wachsen möchtest (Dan 9,3+21–22: Daniel bekommt geistliches Verständnis). Biblisches Fasten hat nichts damit zu tun, einfach nur Gottes Willen bezüglich meines zukünftigen Partners zu erfahren, ob er blonde oder dunkle Haare hat und hoffentlich mindestens 1,80 Meter groß ist, sportlich usw. Auch nicht, damit ich Gott seine guttuende Nähe mal wieder rein gefühlsmäßig zum puren Selbstzweck genießen kann. Es geht auch nicht darum, durch Fasten zu bewirken, dass Gott eine für mich unangenehme Person sterben lässt, damit ich meine Ruhe habe. Wer vor dem Herrn fastet, dem geht es auch nicht ums körperliche Abnehmen.
Worauf soll ich beim Fasten achten? – Gott wohlgefälliges Fasten hat mehr mit geistlichen Praktiken wie dem Loslösen und dem Befreien als mit äußerlichen Einschränkungen zu tun. Gott spricht durch Jesaja 58 zu seinem Volk, dass sie wohl äußerlich fasten, aber gleichzeitig wie Gebundene ihren materiellen Gewinnen und Interessen übertrieben nachjagen und dabei ihre Angestellten so an sich binden, dass sie ausgebeutet und damit ruiniert werden (V. 3b). Hier werden selbstauferlegte zerstörerische Fesseln auf andere gelegt, die es aber unbedingt zu lösen gilt. Wahres Fasten ist nämlich, „ungerechte Fesseln zu lösen“ (V. 6). Das schließt auch den ganz wichtigen Aspekt der Vergebung mit ein. Wer nicht von Herzen vergibt, bindet sich selbst und den, dem zu vergeben ist. Fesseln zu lösen, heißt auch aufzuhören, bewusst andere Menschen zu manipulieren, um sie kontrollieren zu können. In Vers 6 heißt es weiter: „… und dass ihr jedes Joch zerbrecht“. Welches Joch fällt dir ein? Das Joch der Sorgen? Das Joch der Angst? Das Joch, dauernd zu kritisieren, immer die Fehler beim Ehepartner oder der Leiterschaft der Gemeinde zu sehen? Fasten beginnt also mit mir. Ich löse Fesseln in meinem Leben und zwischen mir und anderen. Zur Freiheit hat Christus uns berufen. Ich (er)löse auch andere von Hunger, Durst und Heimatlosigkeit (V. 7). Wer so fastet, dem ist großer Segen von Gott verheißen: „Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell sprossen. Deine Gerechtigkeit wird vor dir herziehen, die Herrlichkeit des HERRN wird deine Nachhut sein. Dann wirst du rufen, und der HERR wird antworten“ (V. 8–9a). Halleluja!
Wie lange fastet man? – Das ist sehr situationsbedingt. Auch da sollten wir uns vom Geist Gottes leiten lassen.

Ich kann nur jeden ermutigen, sich auf der Grundlage der Schrift mit dem Fasten auseinanderzusetzen und in kleinen Schritten zu starten. Fasten ist deshalb vom Feind so sehr umkämpft, weil es nämlich sehr effektiv ist, wenn es biblisch praktiziert wird.

Gebetsanliegen

persönlich

  1. für Buße über mangelnde Bereitschaft zu fasten
  2. Bitte um geistgeleitetes Fasten
  3. für Fasten nach biblischen Maßstäben: Demütigung, Vergebung, Versöhnung, Freisetzung, Hilfe
  4. für eine Offenbarung des Segens des Fastens
  5. für Fasten als Anbetung Gottes

für die Gemeinde

  1. für das Wiederentdecken der Kraft und des Segens des Fastens
  2. für echte Versöhnung und Freisetzung
  3. um Hilfe für den Bedürftigen
  4. für die Lehre über das wahre Fasten
  5. dass Leiter (beginnen zu) fasten
  6. für Fasten als Anbetung Gottes

Helmut Kühn

ist Bibelschulleiter im Glaubenszentrum.